Wenn Sie häufig ins Fitnessstudio gehen oder Sport treiben, haben Sie vielleicht schon einmal den Begriff  „verzweigtkettige Aminosäuren“ (BCAAs) gehört. Sie haben sich in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel für Sportler entwickelt. BCAAs sind für den Körper unverzichtbar und haben viele positive Wirkungen – unter anderem können sie den Muskelkater nach dem Training vermindern. Sehen wir uns an, was BCAAs sind, wie sie Ihnen nützen können und wie Sie ein wirksames BCAA-Präparat auswählen.

Was sind BCAAs? 

Aminosäuren sind Moleküle, die sich im Körper zu Proteinen verbinden. Wenn wir essen, verdaut der Körper das Eiweiß in der Nahrung und spaltet es in Aminosäuren auf. Der Körper verwendet diese Aminosäuren dann zum Aufbau neuer Proteine, z. B. für die Skelettmuskulatur. Es gibt drei Hauptarten von Aminosäuren: 

  • Essentielle Aminosäuren: Der Körper kann essentielle Aminosäuren nicht selbst bilden, daher müssen sie über die Nahrung zugeführt werden. Die neun essentiellen Aminosäuren sind Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin.
  • Nicht-essentielle Aminosäuren: Diese Aminosäuren werden normalerweise vom Körper selbst gebildet und müssen daher nicht mit der Nahrung aufgenommen werden. Dazu zählen Alanin, Arginin, Asparagin, Asparaginsäure, Cystein, Glutaminsäure, Glutamin, Glycin, Prolin, Serin, und Tyrosin.
  • Bedingt essentielle Aminosäuren: Bedingt essentielle Aminosäuren werden nicht so häufig erwähnt, da sie in der Regel nur in Zeiten von Krankheit oder Stress benötigt werden, z. B. bei der Genesung nach einer Verbrennung.

Drei essentielle Aminosäuren – Valin, Leucin und Isoleucin – werden als verzweigtkettige Aminosäuren (BCAAs) bezeichnet, da sie eine verzweigte Seitenkette enthalten. Sie unterscheiden sich von den anderen sechs essentiellen Aminosäuren dadurch, dass sie in den Mitochondrien der Skelettmuskulatur gebildet werden können, um während des Trainings Energie zu liefern. 

Die BCAAs machen etwa 14 bis 18 % der Aminosäuren in den Proteinen der menschlichen Skelettmuskulatur aus und spielen eine wichtige Rolle im Stoffwechsel der Skelettmuskulatur. Insbesondere Leucin ist ein wichtiger Regulator für den Aufbau von Muskelmasse. Der Körper braucht Leucin, um nach dem Krafttraining mehr Skelettmuskeln aufzubauen.

Sie können BCAAs über die Nahrung oder über Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen. BCAAs machen etwa 25 % der Aminosäuren in Lebensmitteln aus, die vollständige Proteinquellen sind. Vollständige Proteinquellen enthalten alle neun essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge. Zu den Nahrungsmitteln, die reich an BCAAs sind, zählen: 

  • Fleisch 
  • Geflügel 
  • Fisch 
  • Eier
  • Eiweißreiche Milchprodukte wie griechischer Joghurt 
  • Molkenprotein 

Molkenprotein ist eine hervorragende Quelle für BCAAs, da es eine hohe Konzentration an Leucin enthält, das die Muskelproteinsynthese unterstützt. 

Sie können BCAAs auch über Nahrungsergänzungsmittel in Pillen- und Pulverform aufnehmen. BCAA-Präparate enthalten durchschnittlich 4,65 Kalorien pro Gramm und tragen somit zur Kalorienaufnahme bei, im Gegensatz zu anderen Präparaten, die keine Kalorien enthalten. Einige Nahrungsergänzungsmittel enthalten die drei BCAAs zusammen mit weiteren essentiellen Aminosäuren.

Welchen gesundheitlichen Nutzen haben BCAA-Präparate?

Behauptungen, dass BCAAs die muskulären Anpassungen an das Training verbessern können, haben zu einem Anstieg der Einnahme von BCAA-Präparaten geführt. Die meisten Studien zu BCAAs wurden an älteren Erwachsenen durchgeführt. Mit zunehmendem Alter tritt in unserem Körper ein altersbedingter anaboler Widerstand auf, und wir benötigen höhere Dosen von Leucin, um die Muskelproteinsynthese für den Muskelaufbau zu maximieren. 

Einige Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Einnahme von BCAAs den Muskelabbau minimieren kann, wenn man sich in einem Kaloriendefizit befindet und nicht genug Eiweiß zu sich nimmt. BCAA-Präparate können auch für Vegetarier, Veganer und andere Personen hilfreich sein, die Schwierigkeiten haben, genug Eiweiß zu sich zu nehmen. 

Studien deuten auch darauf hin, dass die Einnahme von BCAAs die Erholung nach dem Training unterstützen kann, indem Muskelschäden und Muskelkater nach dem Krafttraining reduziert werden. 

Die Einnahme von BCAAs hat möglicherweise einen Nutzen für die kognitiven Fähigkeiten, etwa das Hinauszögern von Erschöpfung und die Verbesserung der geistigen Konzentration, indem sie mit der Aminosäure Tryptophan um den Eintritt ins Gehirn konkurrieren. Tryptophan ist eine Vorstufe von Serotonin, einem Neurotransmitter, der die Stimmung und den Schlaf beeinflusst. BCAAs verzögern vorübergehend die Wirkung von Tryptophan.

Was sind die Ursachen für Muskelkater nach dem Training? 

Der Muskelkater, den man nach einem harten Training verspürt, wird als verzögert einsetzender Muskelkater (Delayed Onset Muscle Soreness, DOMS) bezeichnet. Wenn nach wiederholten exzentrischen Muskelkontraktionen (Bewegungen, die den Muskel verlängern) eine neue Übung durchgeführt oder die Intensität des laufenden Trainings erhöht wird, kommt es in der Regel zu Muskelkater. Dieser Muskelkater, der in der Regel ein oder zwei Tage nach der Übung auftritt, ist auf kleine Muskelrisse zurückzuführen, die zu Entzündungen führen. 

DOMS kann eine vorübergehende Verringerung der Muskelkraft und des Bewegungsumfangs sowie Schmerzen und Unwohlsein zur Folge haben. Hier kommt die Supplementierung mit verzweigtkettigen Aminosäuren ins Spiel.

Können BCAAs Muskelkater reduzieren?

Studien deuten darauf hin, dass BCAA-Präparate den Muskelkater verringern können, wenn sie entweder vor oder nach dem Training eingenommen werden. Eine Auswertung von Studien aus dem Jahr 2021 ergab, dass die Einnahme von BCAA-Präparaten nach dem Training den Muskelkater in den 24 Stunden nach dem Training verringert und die Produktion von Kreatinkinase nach dem Training senkt. Kreatinkinase ist ein Entzündungsmarker – niedrigere Werte bedeuten also weniger trainingsbedingte Muskelschäden und weniger DOMS.

In den meisten Studien, die eine Verringerung von DOMS durch BCAA-Präparate zeigten, wurde ein Präparat mit einem Verhältnis von 2:1:1 verwendet – zwei Teile Leucin, ein Teil Isoleucin und ein Teil Valin. Die Dosis variierte zwischen 0,20 und 1,76 g pro kg Körpergewicht und zwischen 12 und 260 g.

Eine weitere Meta-Analyse ergab, dass eine BCAA-Supplementierung in Dosen von bis zu 255 mg pro kg pro Tag dazu beitragen kann, DOMS-Symptome bei sportlich aktiven Personen zu reduzieren. Untrainierte Personen benötigen jedoch möglicherweise eine höhere Dosis, um die gleiche Wirkung zu erzielen. 

In einer anderen Studie konnten 2 g Taurin zusammen mit mindestens 3,2 g BCAAs, die 18 Tage lang dreimal täglich vor dem Training eingenommen wurden, eine deutliche Reduzierung von DOMS bewirken. 

Worauf man bei BCAA-Präparaten achten sollte

Achten Sie bei der Auswahl eines BCAA-Präparats auf eine ausreichend hohe Dosierung der Aminosäuren. Ausgehend von den Studienempfehlungen von 255 mg pro kg Körpergewicht pro Tag könnten Sie etwa 17 g BCAAs benötigen, um DOMS zu reduzieren. Achten Sie auf das Etikett des Nahrungsergänzungsmittels, um sicherzustellen, dass die Dosierung angemessen ist. Studien haben gezeigt, dass Dosierungen von bis zu 20 g täglich unbedenklich sind. Für Leucin allein wurde eine Dosierung von 500 mg pro kg Körpergewicht ebenfalls als sicher erachtet.

Achten Sie außerdem darauf, dass das von Ihnen gewählte Nahrungsergänzungsmittel das richtige Verhältnis an BCAAs enthält. Ein Verhältnis von 2:1:1 von Leucin zu Isoleucin zu Valin ist am wirksamsten. Viele Nahrungsergänzungsmittel werben mit diesem Verhältnis. 

Wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln sollten Sie sich für ein BCAA-Präparat entscheiden, das von einem unabhängigen Institut geprüft wurde. In vielen Nahrungsergänzungsmitteln werden die Inhaltsstoffe als „proprietäre Mischung“ aufgeführt, ohne dass die spezifischen Mengen bestimmter Inhaltsstoffe angegeben werden. Aufgrund solcher Kennzeichnungspraktiken ist es schwierig, festzustellen, ob ein Nahrungsergänzungsmittel die richtige Dosierung der wichtigsten ergogenen Inhaltsstoffe enthält. 

Zertifizierungen durch unabhängige Institute gewährleisten, dass der Herstellungsprozess unabhängig geprüft und festgestellt wurde, dass das Präparat bestimmte Qualitäts- und Sicherheitsstandards erfüllt. Um zu erkennen, ob ein Nahrungsergänzungsmittel von einem unabhängigen Institut zertifiziert wurde, achten Sie auf das „NSF“-Label auf der Rückseite des Produkts. Laut ihrer Website ist die NSF, die amerikanische National Sanitation Foundation, die einzige unabhängige Prüforganisation, die echte Tests für Nahrungsergänzungsmittel anbietet.

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