Wenn Sie Schlafstörungen haben, dann haben Sie vielleicht schon einmal von Melatonin gehört. Es handelt sich um ein häufig empfohlenes Ergänzungsmittel zur Verwendung als Schlafmittel. 

Aber bevor Sie es selbst auszuprobieren, wollen Sie vielleicht ein paar weitere Informationen. Deshalb folgt hier eine Einführung zu Melatonin, seinen Vorteilen und wie man es verwendet. 

Was ist Melatonin und wie wirkt es? 

Melatonin ist ein natürliches Hormon, das von der Zirbeldrüse im Gehirn gebildet wird. Wenn der menschliche Körper normal funktioniert, wird Melatonin als Reaktion auf Lichtveränderungen vom Gehirn freigesetzt. Da nachts weniger Licht durch die Augen zum Gehirn gelangt, wird mehr Melatonin produziert. 

Melatonin gelangt dann durch die Blutbahn und den Liquor (die Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt) zu verschiedenen Körperregionen. Wenn das Hormon an die Melatoninrezeptoren des Körpers bindet, signalisiert es, dass der Zeitpunkt zum Schlafen gekommen ist, und bewirkt, dass der Körper sich entspannt und seine Kerntemperatur senkt. Auf diese Weise spielt Melatonin eine Rolle bei der Regulierung der inneren Uhr, auch zirkadianer Rhythmus genannt. 

So steuert das Auf und Ab des Melatoninspiegels im Körper den Schlaf-Wach-Zyklus.  

Im Allgemeinen beginnt der Melatoninspiegel an jedem Tag nach Sonnenuntergang zu steigen. Dies geht mit einer größeren Schläfrigkeit etwa zwei Stunden vor der üblichen Schlafzeit des Körpers einher. Das Niveau bleibt erhöht, solange es dunkel ist, in der Regel in einer Konzentration, die mindestens zehnmal so hoch ist wie am Tag. Wenn dann am Morgen die Sonne aufgeht, sinkt der Melatoninspiegel und signalisiert dem Körper, dass er aufwachen soll. 

Melatonin und jahreszeitlich bedingte emotionale Störungen

Zusätzlich zum zirkadianen Rhythmus des Körpers, der in einem etwa 24-Stunden-Zyklus verläuft, gibt es für Melatonin auch einen jahreszeitlichen Zyklus. Wenn im Herbst und Winter die Nächte länger sind, sind die Melatoninwerte in der Regel höher. Im Gegensatz dazu sind die Werte im Frühjahr und Sommer niedriger. 

Wegen der kürzeren Tage und längeren Nächte im Winter kann der natürliche Schlaf-Wach-Zyklus des Körpers gestört sein. Das kann dazu führen, dass sich jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit eine Form der Depression entwickelt. Die Erkrankung wird als jahreszeitlich bedingte emotionale Störung bezeichnet, und zu den Symptomen können Schlafprobleme, Unruhe, mangelnde Energie, Appetitänderungen und depressive Stimmung gehören. 

Melatonin wird nicht nur durch Sonnenlicht, sondern auch durch künstliche Lichtquellen beeinflusst. Selbst bei schwacher Lichteinwirkung kann die übliche Produktion von Melatonin in der Nacht unterbleiben. So kann das Licht von einem Smartphone, Fernseher oder Computerbildschirm kurz vor dem Schlafengehen die Melatonin-Sekretion reduzieren und damit den Schlaf stören. 

Neben dem Licht können auch bestimmte Lebensmittel den Melatoningehalt beeinflussen.  Reis,  Walnüsse, Oliven,  Kirschen, Tomaten, Erdbeeren und Kuhmilch gehören zu den Lebensmitteln, die Melatonin enthalten. Nach der Aufnahme des Hormons aus diesen Nahrungsmitteln kann der Körper beginnen, sich zu entspannen. 

Vier Erkrankungen, die möglicherweise durch Melatonin beeinflusst werden 

Es scheint keine nennenswerten Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit dem Melatoninspiegel zu geben, unabhängig davon, ob dieser niedrig oder hoch ist. Und obwohl Melatonin zum Schlafen nicht unbedingt gebraucht wird, erleichtern erhöhte Werte das Einschlafen. Aufgrund ihrer entspannenden Wirkung ist die Melatoninergänzung bei bestimmten Erkrankungen hilfreich. 

1. Schlaflosigkeit 

Schlaflose können mit Melatonin Linderung finden. Die Forschung zeigt, dass eine Nahrungsergänzung mit Melatonin den Menschen helfen kann, schneller einzuschlafen und die Schlafdauer zu verlängern. 

2. Jet Lag

Jet Lag kann auftreten, wenn man schnell über mehrere Zeitzonen reist, was zu einer Unterbrechung des normalen Schlafmusters führt. Zu den Symptomen können Schlaflosigkeit, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und Verdauungsprobleme gehören. Studien haben gezeigt, dass Melatonin die allgemeinen Symptome des Jet Lag reduziert. 

3. Verzögertes Schlafphasensyndrom 

Das verzögerte Schlafphasensyndrom ist ein Zustand, bei dem der zirkadiane Rhythmus schlecht reguliert ist. Menschen mit verzögertem Schlafphasensyndrom haben Schwierigkeiten einzuschlafen, wenn der Zeitpunkt um zwei oder mehr Stunden über die übliche Schlafenszeit hinaus verschoben wird. Auch fällt es ihnen schwer, morgens aus dem Bett zu kommen. Für sie beginnt der Schlaf gegen 2 bis 6 Uhr morgens, und sie wachen bevorzugt zwischen 10 und 13 Uhr auf. 

Untersuchungen bei Personen mit verzögertem Schlafphasensyndrom haben gezeigt, dass die Einnahme von Melatonin eine Stunde vor der gewünschten Schlafenszeit in Kombination mit geregeltem Zubettgehen zu einer bestimmten Zeit Vorteile bringt. Es wurden Verbesserungen bei der Arbeit am Tag, besserer Schlaf im ersten Drittel der Nacht und früheres Einschlafen festgestellt. 

4. Angst 

Angstzustände vor einer Operation sind durchaus üblich. Ein Überblick der aktuellen Forschung liefert überzeugende Beweise dafür, dass eine Melatonin-Supplementierung die Angst vor Operationen reduziert. Tatsächlich kann es genauso wirksam sein wie das angstlösende Medikament Midazolam. 

Wie und wann Melatonin einzunehmen ist

Melatonin ist in Form von Tabletten, Kapseln, Kaugummi, Pulver, Flüssigkeiten und Lutschtabletten erhältlich. Die empfohlene Dosis für Melatonin variiert von Person zu Person. Verschiedene Faktoren, darunter Körpergewicht, Stoffwechsel und allgemeiner Gesundheitszustand, können die Reaktion des Körpers auf Melatonin beeinflussen. 

Um beste Ergebnisse zu erzielen, nehmen Sie Melatonin 30-60 Minuten vor dem Schlafengehen ein. Die nationale Stiftung zur Förderung des Schlafes empfiehlt eine Erwachsenendosis zwischen 0,2 mg und 5 mg täglich. Die Dosis kann je nach Bedarf allmählich erhöht werden, bis ausreichend Schlaf gewährleistet ist. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, bevor Sie eine Erhöhung der Dosis über 5 mg vornehmen. 

Wenn Sie die richtige Dosis herausfinden wollen, ist es ratsam, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und auf mögliche Nebenwirkungen zu achten. Wenn morgendliche Benommenheit zum Problem wird, versuchen Sie, die Dosis zu verringern oder sie früher einzunehmen. 

Melatonin sollte auch mit gesunden Schlafgewohnheiten einhergehen (und nicht als Ersatz für diese verwendet werden). Dazu gehören der Verzicht auf Koffein, Elektronik und leuchtende Bildschirme direkt vor dem Schlafengehen, eine konsequente Schlafenszeitregelung sowie eine geregelte Schlaf- und Wachzeit.  

Da es sich bei Melatonin um eine natürliche chemische Substanz handelt, dürfte es bei den meisten Menschen zur kurzfristigen Anwendung im Allgemeinen sicher sein. Dennoch sollten potenzielle Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel und Tagesmüdigkeit von der Benutzung beim Autofahren abhalten. 

Wie bei jedem Nahrungsergänzungsmittel sollten Personen, die Medikamente einnehmen, allerdings mit ihrem Arzt sprechen, bevor sie Melatonin ausprobieren. Es ist möglich, dass Melatonin Schaden verursacht, indem es mit anderen Medikamenten in Wechselwirkung tritt, vielleicht ihre Wirksamkeit verringert, unerwünschte Nebenwirkungen auslöst oder die Metabolisierung von Medikamenten durch den Körper verändert. 

 Bei Epileptikern und Personen, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, wird eine ärztliche Überwachung der Melatonin-Supplementierung empfohlen.  Darüber hinaus wird nach den Richtlinien der American Academy of Sleep Medicine aus dem Jahr 2015 die Einnahme von Melatonin für Menschen mit Demenz nicht empfohlen. 

Melatonin bei Kindern

Da es sich um ein natürlich vorkommendes Hormon handelt, ist Melatonin eine beliebte Wahl als Schlafmittel für Kinder. Bei den meisten Kindern scheint das Medikament für die kurzfristige Anwendung ungefährlich zu sein. 

Untersuchungen an Kindern mit Schlafstörungen haben gezeigt, dass Melatonin die Einschlafzeit bei Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen und anderen neurologischen Entwicklungsstörungen reduzieren kann. 

Melatonin sollte bei Kindern nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingesetzt werden. Bevor Sie mit der Nahrungsergänzung beginnen, ist es wichtig, dass ein Kinderarzt das Kind auf mögliche Ursachen der Schlaflosigkeit untersucht. Angstzustände (z.B. Schulstress), bestimmte Medikamente, eine sonstige Schlafstörung (z.B. Restless-Legs-Syndrom, obstruktive Schlafapnoe) und medizinische oder psychische Erkrankungen (z.B. Asthma, Depressionen) können mögliche Ursachen sein. 

In den meisten Fällen eignet sich Melatonin nicht für gesunde, sich normal entwickelnde Kinder unter drei Jahren. Schlafstörungen bei solchen Kindern sind in der Regel Verhaltensstörungen–vielleicht die Verweigerung des Zubettgehens oder ein längeres nächtliches Wachsein, das die Aufmerksamkeit der Eltern erfordert. 

Es gibt sehr wenig Untersuchungen über die Langzeitanwendung von Melatonin bei Kindern. Theoretisch kann es Auswirkungen auf die Entwicklung des Immunsystems, des Stoffwechsels, der Fortpflanzung und des Herz-Kreislauf-Systems haben. 

In jedem Fall sollte Melatonin nicht allein zur Behandlung der Schlaflosigkeit eines Kindes eingesetzt werden. Es sollte immer mit verhaltensorientierten Maßnahmen kombiniert werden, wie z. B. einer regelmäßigen Schlafenszeitroutine, einem konsequenten Schlafrhythmus, einer positiven Stärkung für das Verweilen im Bett und der Vermeidung von anregenden Aktivitäten vor dem Schlafengehen.